Das verbotene Eden: David und Juna – Thomas Thiemeyer
Verlag: PAN (22. August 2011)
Originalsprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3426283608
Meine Bewertung: 8/9 Punkte
Sie wusste nicht, was schöner war: zu dieser neuartigen Musik zu tanzen oder von David im Arm gehalten zu werden. Er sah so verändert aus. Er war nicht mehr der ängstliche Junge, den sie vor ein paar Tagen gefangen und eingesperrt hatte. Stattdessen stand jetzt ein Mann vor ihr. Sie hörte auf zu tanzen und sah ihn an. Einen Moment lang standen sie so da, und die Zeit schien stillzustehen. Seine Augen, sein Mund – sie fühlte sich wie magisch von ihm angezogen. Dann berührten sich ihre Lippen.
Sie schloss die Augen.
Diesmal war es sensationell.
Inhalt
Was passiert, wenn Männer und Frauen beginnen sich zu hassen, zu bekriegen? Wird die Welt in ewigen Trümmern zerstört werden? Die Antwort lautet: Ja. Im Jahre 2080 leben beide Geschlechter streng voneinander getrennt. Die Geburtenrate geht drastisch zurück und die Menschheit steht kurz vor dem Aussterben. Die einzige Chance besteht darin den Frieden zu wahren, was schier unmöglich scheint, da gewalttätige Plünderungen und Zerstörungen zum Krieg zwischen Mann und Frau führen.
Juna, eine 17-jährige Kriegerin, wird ausgesandt mit ihrer Truppe Gefangene zu nehmen, um den nächsten Schlachtzug der Feinde auszuhorchen. Zwei Männer werden geschnappt, unter ihnen der junge Mönch David. Doch er scheint anders zu sein, als jeder Mann, dem Juna zuvor begegnet ist. Die beiden kommen sich immer näher und das Mädchen fällt eine schwerwiegende Entscheidung, die ihr den Kopf kosten könnte…
Kritik
Als ich „Das verbotene Eden: David und Juna“ im Herbstprogramm vom PAN-Verlag gesehen habe, wanderte es sofort auf meinen Wunschzettel. Der Titel und der Klappentext haben mich sehr angesprochen, denn es wird eine verbotene Liebesgeschichte versprochen, die der Leser im Endeffekt auch bekommt.
Dieses Buch war mein erstes Werk von Thomas Thiemeyer. Die Geschichte rund um den Mönch David und die Kriegerin Juna hat mich so sehr mitgerissen, dass dies sicherlich nicht mein letztes Buch des Schriftstellers sein wird. Sein Schreibstil hat mich so sehr beeindruckt, dass ich gespannt bin, wie er diesen in seinen anderen Geschichten beibehält. Der flüssige und detailgerechte Stil katapultiert den Leser förmlich mitten in die Handlung. Man fühlt sich als Teil der Geschichte, hat alles bildlich vor Augen. Die Städte, die Wälder, die Farben, die Gerüche – beim Lesen fühlte ich mich wie eine Kriegerin im Kampf für die Gerechtigkeit.
Auch als überzeugte Vertreterin der Meinung, dass fast jedes Buch der heutigen Zeit Elemente eines Klassikers beinhaltet, wurde ich nicht enttäuscht. David und Juna – Romeo und Julia. Eine zarte und romantische Liebesgeschichte, gegen jede Vernunft. Die Parallelen zu Shakespeares bekanntem Liebesdrama waren offensichtlich, doch verpackt mit einem vollkommen anderen, spannenden Handlungsstrang, der den Leser von Anfang bis Ende mitzureißen weiß.
Auf erschreckende Weise weiß Thiemeyer seine Leser in den Bann zu ziehen. Bedrückend realistisch war die Darstellung der Zustände zwischen den Geschlechtern. Untermalt durch starke Charaktere, die die Geschichte abgerundet hat.
Juna ist eine Kriegerin, die allen Befehlen folgt und ihre Stadt bis zum Tod verteidigen würde. Aufgrund ihrer Treue der Hohepriesterin gegenüber, ist sie bei allen sehr angesehen. Schon in jungen Jahren wurde ihr nichts weiter beigebracht, als dass die Männer ihre Todfeinde sind, ohne welche die Welt besser wäre. Frauen brauchen die Männer nicht – ein Gedanke, der ihr auf ewig im Kopf geblieben ist. Sie kämpft gegen das andere Geschlecht, ohne Rücksicht auf Verluste, bis sie David das erste Mal sieht. Juna wurde die Aufgabe zu Teil ein neugeborenen Jungen hinter dem Grenzland abzuliefern und sicherzugehen, dass er von den Männern, auch „Teufel“ genannt, geholt wird. Dort trifft sie David und etwas in seinem Blick verrät ihr, dass er nicht von Grund auf böse ist, wie sie zunächst dachte.
Sie beginnt an allem zu zweifeln, was ihr all die Jahre beigebracht wurde. Der Virus, der Männer und Frauen dazu verleitet hat erbitterte Feinde zu werden, verliert er doch langsam an Wirkung? Eine Frage die Juna sich beginnt zu stellen.
Doch sie ist nicht die einzige, die ihre Zweifel hat. David war sich noch nie so sicher, ob an alldem etwas dran ist. Wie können Männer und Frauen sich so sehr hassen, wenn sich einst zusammengelebt und sich bis zum Tod geliebt haben? Die Geschichte von „Romeo und Julia“ hat den jungen Mönch sein Leben lang geprägt. Immer, wenn er die Zeilen liest, verlassen Tränen die Winkel seiner Augen. Als Bibliothekar des Klosters hat er viele Bücher gelesen, doch keines, was ihn so sehr berührt, wie die Liebesgeschichte von Mann und Frau.
David wirkt auf den Leser zunächst als eher schwächlicher Junge, der sich gerne in seinem Schneckenhaus verkriecht und sich durch Bücher in eine andere Welt entführen lassen möchte, doch im Laufe der Geschichte entwickelt er sich weiter, zu einem starken jungen Mann.
Da ein stetiger Perspektivwechsel vorliegt, kann man sich sehr schnell in die Gedankengänge beider Protagonisten hineinversetzen. Man fühlt mit ihnen, lacht und weint mit David und Juna. Beide unterliegen einer einzigartigen Entwicklung ihrer Persönlichkeiten. Juna lässt sich nicht mehr von anderen herumkommandieren und geht ihren eigenen Weg, fällt ihr eigenes Urteil über die Männer. Und auch David lässt sich bald nicht mehr unterkriegen und stellt sich mutig seinem Schicksal.
Zum Anfang hin gibt uns Thiemeyer einen sehr detaillierten Blick in die Welten der „Teufel“ und der „Hexen“. Wir lernen neben den beiden Protagonisten viele weitere wichtige Charaktere kennen, wie den Inquisitor und die Hohepriesterin. Im Buch befindet sich auch eine Karte der Städte, sodass man sich als Leser sehr leicht orientieren und sich alles noch besser vorstellen kann.
Es dauert nicht lange, bis die Geschichte an Fahrt aufnimmt, doch für meinen Geschmack hat es etwas zu lange gedauert, bis David und Juna sich endlich begegnet sind. Fast die Hälfte des Buches standen die beiden sich nicht gegenüber. Dafür haben sie sich dann jedoch in Windeseile ineinander verliebt. Sie fühlten sich sofort zueinander hingezogen und spürten, dass die beiden etwas verbindet. Eine unsichtbares Band, das es ihnen schwer machte auch nur eine Sekunde voneinander getrennt zu sein. Die beiden wachsen dem Leser dennoch sehr schnell ans Herz und man kann ihre Liebe zueinander förmlich spüren. Wie schon Romeo und Julia, versuchen David und Juna durch ihre verbotene Liebe zueinander etwas zu verändern. Sie möchten beweisen, dass der Virus an Wirkung verloren hat und dass es möglich für Männer und Frauen ist gemeinsam in Frieden zu leben, so wie es die Natur eigentlich vorgesehen hatte.
Zum Ende der Geschichte geht es rasant her. Ein erbitterter Krieg, der sehr spannend geschildert wurde, sodass man „Das verbotene Eden: David und Juna“ nicht zur Seite legen kann, ehe man auch die letzten Worte eingesogen hat. Glücklicherweise gibt es zum Schluss keinen bösartigen Cliffhanger, sodass es nicht sonderlich schwer fallen wird auf die Fortsetzung „Das verbotene Eden: Logan und Gwen“ zu warten. Dennoch darf man gespannt sein, welche Entwicklung diese Welt noch durchleben wird.
Fazit
„Faszinierend düster und wunderbar romantisch“ – wie es unter dem Klappentext steht. Thiemeyer hat einen einzigartigen dystopischen Roman geschaffen, der einem lange im Gedächtnis bleiben wird, denn man stellt sich die Frage, ob unsere Zukunft wirklich so erschreckend aussehen könnte. Doch die zarte Liebe von David und Juna lässt uns hoffen, dass es niemals so weit kommen wird.
Ein großes Dankeschön an den PAN-Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!